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Fairness, Demokratie und Soziokratie
- Ideen von gemeinschaftlichen Prozessen im reifenden Kinde -

Fairness, Demokratie und Soziokratie sind keine Zufallsprodukte der Natur oder etwa des gesellschaftlichen Miteinanders. Sie müssen erworben sowie erlernt werden und garantieren eine angemessene soziale Beweglichkeit. Den Ausgangspunkt hierfür bildet die Periode der Kindheit in all ihren Reifungsprozessen. Gleich einem Samen, benötigen sie einen unverdorbenen Boden, aus dem sie die dafür notwendigen Informationen und Urwerte entnehmen können. Fairness, Demokratie und Soziokratie sind hinlänglich in der Lage, den immens großen Raum neben anderen wirkungsvollen Automatismen des Zusammenlebens konstruktiv auszufüllen. Sie können nicht in einer Sphäre reifen, die sich aus Zwang, Angst, Vermeidung und Vorurteilen zusammensetzt.

Die gemeinsame Basis von Fairness, Demokratie und Soziokratie als tiefenwirksame und gesellschaftsbildende Prozesse ist der dynamische Vorgang der Verhandlung. Grundsätzlich ist die Natur, und wir bilden hierbei als ihr Produkt keine Ausnahme oder haben in ihr eine Sonderposition, eine fortschreitende Darstellung dieser ständig ruhelosen Übereinkünfte von Verhältnismäßigkeiten, Notwendigkeiten und Möglichkeiten. Sie können in praktischer, geistiger als auch in emotionaler Form in Erscheinung treten und für uns somit spürbar werden. Einen Teil dieses Aspekts und ihrer daraus hervorgehenden Werte tätigen und erleben wir bewusst durch den angestrebten Akt der Selbsterfüllung. Jedoch das benötigt unsere gesunde und ganzheitlich-individuell orientierte Entwicklung. Aber, der weitaus größte Anteil bleibt unserer Wahrnehmung entzogen und geschieht somit unbewusst, fernab unserer nach außen gerichteten Sinntätigkeit, überall um uns herum sowie tief in unserem Inneren und ist damit weitestgehend unserer bewussten Handlungskompetenz entzogen.

Der wahrnehmbare Aspekt von Fairness stellt dabei einen weitestgehenden akzeptierten Verhaltenscodex dar, untersetzt durch Respekt, Ethik und Moral, der auf einen jeweils etablierten Gesellschaftstypus ausgerichtet ist, da er durch Menschen einem ständigen Tätigsein unterworfen ist, was ihn begünstigen oder infrage zu stellen vermag. Das bedeutet, dass sich fair verhalten (also etwas als angemessen empfinden und das in Abhängigkeit der rahmenbildenden Zustände) heute nicht dasselbe darstellt, wie es das beispielsweise vor 80 Jahren war.

Fair sein könnte man auch als einen, von den meisten Anteilseignern einer Bevölkerung, moralisch motivierten und in dieser Form akzeptierten Verhaltenscodex bzw. eine auf Respekt und Würdigung bestimmter Voraussetzungen beruhender Übereinkunft bezeichnen, und das in dieser Rolle als Vorstufe zur Demokratie verstehen. Somit ist man eigentlich nur in der Lage, angemessen fair zu sein, wenn man in den geforderten Situationen, die bekannten ethischen wie auch sozial-ökonomischen Gemeinschafts- und Gesellschaftswerte beachtet und benutzt.

Unter diesen Gesichtspunkten, wäre es vermessen, von Kindern und Jugendlichen zu erwarten, dass sie im Verlaufe ihrer Entwicklung, welche eher dadurch geprägt sein sollte, hinreichend Erfahrungen aus der Erwachsenenwelt zu adaptieren und durch diese die soziologischen und gesellschaftlichen Zusammenhänge in ihren Grundzügen zu begreifen, diese komplexen Zusammenhänge von vornherein kennen bzw. kennen können. Es muss dem Kind wie der bzw. dem Jugendlichen in einem ausnahmslos freien, individuellen, angst- und zwangfreien Umfeld die Möglichkeit gegeben werden, sie zu erlernen, auszuprobieren und gegebenenfalls verwerfen und neu definieren zu können.

So erstaunt es nicht weiter, dass die Erwachsenenwelt immer wieder konsterniert und atemlos Auseinandersetzungen von Kindern und Jugendlichen beiwohnt und hochmotiviert zu insistieren bzw. zu erziehen versucht, weil sie sich außerstande sieht, die nötige Gelassenheit walten zu lassen, solange nicht eine Gefährdung von Psyche und Physis für einen anderen gegeben ist. Vor ihren Augen spielt sich etwas sehr Rudimentäres und Wichtiges ab, das sie aber mit dem in ihrer Kindheit erlernten sowie erprobten Verständnis von Fairness nur selten in Übereinstimmung zu bringen vermögen. Vielleicht war es ihnen nicht vergönnt, eine weitestgehend auf vorurteilsfreien Erfahrungen beruhende Beziehung mit diesem Aspekt eingehen zu können.

Demokratie hingegen ist das andere Utensil der gesellschaftlichen Soziologie und unterscheidet sich von Fairness durch seine allgemeine Bedeutsamkeit in institutionellem Sinne sowie durch die Tendenz, die Absicht und die Konsequenzen eines Anspruchs durch einen Mehrheitsentscheid oder ein gewähltes Gremium zu legitimieren. Die oder der Interesseneigner ergeben den zentralen Moment, von dem leider kein bildender Konsent wie in der Soziokratie, gefunden werden muss.

Im Vergleich zu Fairness, die sich nur in ihrem Kontext, aus dem sie hervorgegangen ist, wiederfindet und nach Auflösung desselbigen mitunter nur noch bedingt weiter besteht, wirkt Demokratie eher allgemeingültig, mittel- bis langfristig und bezieht ihre Energie weniger aus der Impulsivität als vielmehr aus der bestimmenden Absicht und kontinuierlichen Kompetenz.

Zudem verfügt Demokratie über eine Gewährleistungsfrist, in der das Abstimmungsergebnis seine Überprüfung erfährt. Kinder und Jugendliche, die sehr früh in ihrer Entwicklung mit derartig gesellschaftlich gewürdigten Prozeduren in Berührung kommen, sie erleben können und ausüben dürfen, werden die Brisanz der daraus hervorgegangenen Beschlüsse in ihrer Tragweite gewissenhafter erfassen, als wenn sie von der Erwachsenenwelt aufgrund ihres Alters, sprich der ihnen zugestandenen Verantwortungsfähigkeit, außen vor gelassen und dadurch diskriminiert werden.

Wenn Kindern und Jugendlichen nicht die Möglichkeit gegeben wird, sich die Methodiken von Fairness, Demokratie und Soziokratie hinlänglich anzueignen und sie mit ihrem im ständigen Expansionsdrang befindlichen Bewusstsein in Relation zu setzen, werden sie eher selten imstande sein, eine weitreichend soziale Kompetenz zu entwickeln und in Anschlag bringen zu können. Der Prozess dieser Aneignung, einmal in Gang gesetzt, muss kontinuierlich, selbstdefiniert, individuell und fürsorglich verlaufen dürfen und darf nie unterbrochen werden. Sie bedürfen also des unbedingten und vor allem der freiwilligen Involviertheit in diese Vorgänge, und das so früh und selbstständig wie möglich.

Das Kind, die bzw. der Jugendliche wird und kann lernen, dass eine angestrebte Entscheidung hinsichtlich ihrer motivierten Rechtfertigung, also ihre beabsichtigte Richtigkeit, nicht nur im Rahmen einer fairen Prozedur oder eines demokratischen Entscheidungsaktes fassbar und realisierbar sein kann, sondern auch durch eine soziokratische Beschlussfassung umsetzbar ist, in der alle Beteiligten gemeinsam, ohne einen eventuell als untauglich empfundenen Kompromiss oder eine Überstimmung – wie gegebenenfalls durch ein demokratisches Verfahren – zu einem gemeinsam getragenen Beschluss kommen können. Hierbei vermag in besonderer Form, aber auf natürliche Art und Weise, der Gemeinschaftsgedanke durch die praktische und emotionale Nutzbarkeit des Ergebnisses und die Identifikation mit demselbigen für alle Involvierten hervorzutreten.

Grundsätzlich sollte es immer das Ziel sein, dass sich Kinder und Jugendliche sowie Erwachsene barrierefrei und auf Augenhöhe in den soziologischen Prozeduren der Fairness, Demokratie und Soziokratie wiederfinden können und der gegenseitige Respekt, der Wille, die Freiwilligkeit und die Selbstverständlichkeit zur Gemeinsamkeit nicht an angemessener Kompetenz fehlen lässt.

So sind junge Menschen unter diesen Umständen in der komfortablen Situation, eine praxistaugliche Verbundenheit und Zuversicht mit und in die positiv wirkende Qualität ihrer gemeinsam getätigten Fairness, Demokratie und Soziokratie zu entwickeln, da sie mitentscheidend für Qualität und konstruktive Dauerhaftigkeit eines ausgewogenen Zusammenlebens innerhalb einer Gemeinschaft oder Gesellschaft sind, und sie nachwirkend die alltagstauglichen Vermittlungs- und Entscheidungsstrategien erfahren, die sie in ihrer Adaptierbarkeit darstellen.